Solch ein Veränderungsprozess ist natürlich kein "linearer" Vorgang, bei dem man mit einem Patent-Rezept mechanisch "von Punkt A nach Punkt B" gelangt. Die Gemeinde ist ein lebendiger Organismus, ein "System". Wie bei den Wachstumsprozessen in der Natur vollzieht sich ein solch komplexer Vorgang daher in vielen Phasen. Ein Baumstamm wird beispielsweise nicht kontinuierlich dicker, sondern er wächst in Jahresringen. Jeder Ring setzt dabei auf dem auf, was in vorigen Jahren gewachsen ist - und bildet ein starkes "Skelett", das den ständig wachsenden Baum auch halten und tragen kann.
Aus dem Buch: Farbe bekennen mit Natürlicher Gemeindeentwicklung von Christian A. Schwarz, @ NCD Media, Emmelsbüll
Da es in der NGE immer um natürliches und nachhaltiges Wachstum geht, geschieht dies typischerweise ebenso in Phasen - ähnlich zu solchen "Jahresringen", die aufeinander aufbauen und ermöglichen, das gewonnene Wachstum auch zu halten und zu tragen. Im obigen vereinfachten Beispiel wird beim ersten NGE-Prozeß der ermittelte Minimumfaktor Strukturen (1) verbessert. Beim nächsten Durchlauf wird das zweitniedridigste Qualitätsmerkmal Evangelisation (2) angehoben. Im dritten Durchgang wird dann das Merkmal Mitarbeiterschaft (3) verbessert.
Dies ist natürlich eine sehr vereinfachte Darstellung, bei der jeweils ein Qualitätsmerkmal angehoben wird, ohne die anderen zu beeinflussen. In der Praxis hängen diese jedoch voneinander ab - und man läuft leicht Gefahr, alle Kraft auf die Verbesserung des Minimumfaktors zu richten, so dass andere Werte wieder absinken. Es ist harte Arbeit, die Gesamtqualität der Gemeinde zu verbessern, ohne neue Schwachstellen zu schaffen.
In einer NGE-Wachstumsphase geht es typischerweise darum,
In praktische Einzelschritte aufgegliedert ergibt sich damit der immer wiederkehrende "NGE-Kreislauf" (im folgenden Bild wird die internationale Bezeichnung NCD = Natural Church Development verwendet):
Aus dem Buch: Farbe bekennen mit Natürlicher Gemeindeentwicklung von Christian A. Schwarz, @ NCD Media, Emmelsbüll
Parallel geht es darum, einen neuen "gesunden Lebensstil" zu erlernen, der Wachstumsblockaden von vorneherein vermeidet (und damit die NGE-Wachstumskräfte zur Wirkung kommen lässt).
Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass nicht jeder NGE-Prozess perfekt gelingt. Alle Beteiligten sind fehlbare Menschen. Aber eine viel größere Gefahr geht im Grunde davon aus, dass man NGE kennenlernt, seine eigenen Wachstumsblockaden erkennt - aber dann nicht wirklich etwas ändert. Alle wirklichen Änderungen in unserem Leben sind mühsam und schwer - und oft auch schmerzhafte Vorgänge, die Abschied von Vertrautem bedeuten. Manche Gemeinden sagen, dass NGE bei ihnen "nicht funktioniert hat". Das kann in der Tat sein - aber die Frage ist, warum nicht. Lag es vielleicht daran, dass man nicht wirklich Veränderungen gelebt hat? Dass man eigentlich doch nur bestätigt haben wollte, dass alles in Ordnung ist? Oder man doch hätte einen Gemeindeberater hinzuziehen sollen? Vielleicht - vielleicht auch nicht. Man kann an dieser Stelle nicht pauschale Antworten geben.
Aus dem Buch: Farbe bekennen mit Natürlicher Gemeindeentwicklung von Christian A. Schwarz, @ NCD Media, Emmelsbüll
Was man sagen kann, ist, dass es inzwischen statistisch nachweisbar ist, dass Gemeinden, die den NGE-Prozess mehrfach angewandt haben, durchschnittlich mehr wachsen als am Anfang. Das verwundert eigentlich nicht - wie in der Schöpfung breitet sich Leben überall aus, wo es auch möglich ist, selbst da, wo man es gar nicht für möglich hält (z.B. in der Wüste). Da es in der NGE darum geht, diese Prinzipien des Lebens auf die Gemeinde anzuwenden, ist es im tiefsten Sinne "natürlich", dass Gemeinden, die sich wirklich darauf einlassen, auch wachsen - oft auch unter Umständen, die das eigentlich möglich machen.
Wenn man selbst Teil des Systems ist, fallen einem viele Dinge nicht wirklich auf - man ist "betriebsblind" und kennt vielleicht überhaupt nichts anderes. Wer keinen Kontakt zu Gemeinden anderer Denominationen hat, merkt nicht, dass seine Gemeinde eine "Glaubenskultur" pflegt, die z.B. nicht zwangsläufig aus der Bibel ableitbar ist. Wie man als Deutscher erst dann merkt, was "deutsch" ist, wenn man andere Länder besucht und deren Kultur kennen gelernt hat, so merkt man erst dann seine christliche "Kultur", wenn man anderen Christen begegnet, die auch persönliche Gotteserfahrungen machen - aber auf ganz andere Weise.
Aus dem Buch: Farbe bekennen mit Natürlicher Gemeindeentwicklung von Christian A. Schwarz, @ NCD Media, Emmelsbüll
Dies ist oft die Ursache dafür, daß Qualitätsmerkmale in einer Gemeinde schwach ausgeprägt sind. Es fehlt die gesunde Balance der "3 Farben", die der Gemeinde in diesem Bereich mehr Qualität und Lebenskraft geben würde.
Doch wie kann man die "Gesundheit" (oder die Qualität) einer Gemeinde objektiv feststellen? Diese Frage führt zurück zum Anfang der weltweiten NGE-Bewegung, als Christian A. Schwarz zusammen mit Christoph Schalk in den 90er Jahren die weltweit erste empirische Studie zum Gemeindeaufbau durchgeführt haben. Mit Hilfe von statistisch ausgewerteten Fragebögen war es erstmals möglich, objektiv Qualitätsmerkmale von stark wachsenden Gemeinden zu identifizieren.
Der NGE-Fragebogen.
Die Auswertungen dieser Daten förderte dann erstmals weltweit objektiv nachweisbare Qualitätsmerkmale von wachsenden Gemeinden zutage.
Mancher mag einwenden, dass es keinerlei Hinweise in der Bibel gibt, Statistik für die Förderung des Gemeindebaus einzusetzen. Das ist unzweifelhaft richtig - jedoch geht es bei NGE darum, dass Gemeinden wie z.B. Pflanzen in der Schöpfung ganz natürlich wachsen, wenn sie nur "gesund" sind und keine Mangelerscheinungen haben. Wie kann man jedoch die "Gesundheit" oder "Krankheit" einer Gemeinde erkennen?
Wenn es um unsere eigene Gesundheit geht, wird unser Arzt ggf. vorschlagen, ein "Blutbild" machen zu lassen, um den Ursachen bestimmter Symptome auf die Spur zu kommen:
Kleines Blutbild (Quelle: www.wikipedia.de, Daten nicht mehr aktuell)
Ein solches Blutbild misst z.B. die Häufigkeit bestimmter Blutkörperchen und vergleicht sie mit einem statistisch ermittelten "Normalbereich", in dem sich die Werte der meisten gesunden Menschen bewegen. Befinden sich Werte eines Blutbildes außerhalb dieses Bereiches, ist das i.d.R. ein Hinweis, dass irgendeine Krankheit vorliegt, der der Arzt nachgehen muss. Auch das Gesamtbild - die Beziehung zwischen den einzelnen Werten kann dem Arzt hilfreiche Hinweise für eine Diagnose geben.
Der "NGE-Gesundheitscheck" (Gemeindeprofil) ist im Grunde nichts anderes - er ermittelt Werte mit einer Gemeindeumfrage und vergleicht sie mit einem "normalen" Bereich (dem Landesdurchschnitt vieler anderer Gemeinden). Da, wo die Werte außerhalb des "normalen" Bereichs liegen, ist die Gemeinde besonders "vital" und besitzt eine spezifische Stärke der Gemeinde. Da, wo die Werte nach unten abweichen, liegen Anzeichen für Gesundheitsprobleme vor. Und auch Beziehungen zwischen verschiedenen, ansonsten unkritischen Werten können hier wertvolle Hinweise auf unterschwellige Probleme liefern.